Die deutsche Sprache in Brasilien – von Migration zur dekolonialen Perspektive im Deutschunterricht
Vortrag und Diskussion mit Dr. Ivanete da Hora Sampaio (Sprach- und Kulturwissenschaftlerin)
Wie kommt es dazu, dass mehr als 1 Million Brasilianer*innen heutzutage Deutsch sprechen? Hinter dieser Zahl verbirgt sich eine komplexe Geschichte, die nicht nur mit der freiwilligen Migration deutscher Einwanderer, sondern auch mit den kolonialen Machtstrukturen und Assimilationsprozessen verbunden ist, die das soziale und kulturelle Gefüge Brasiliens tiefgreifend geprägt haben. Dr. Ivanete da Hora Sampaio hinterfragt in ihrem Vortrag kritisch die Entwicklung des Deutschseins in Brasilien, von den ersten Siedlungen bis hin zur gegenwärtigen Rolle der deutschen Sprache in Debatten über Identität, Diversität und Dekolonialisierung.
Dabei wird das Lernen dieser „Sprachkultur“ nicht nur als neutraler Bildungsakt betrachtet, sondern auch im Kontext der historischen Ungleichgewichte, die durch koloniale Hierarchien, eurozentrische Wissensproduktion und kulturelle Hegemonien verstärkt wurden. Welche Bedeutung hat das Deutschlernen in einem postkolonialen Land wie Brasilien, dessen Identität durch komplexe Machtverhältnisse zwischen Globalem Süden und Globalem Norden geprägt wurde? Kann der Spracherwerb einen emanzipatorischen Beitrag leisten, oder reproduziert er unbewusst koloniale Denkstrukturen? Der Vortrag regt dazu an, über die Rolle der deutschen Sprache in interkulturellen Beziehungen nachzudenken und wie sie – jenseits von eurozentrischen Paradigmen – zur Emanzipation der lokalen Bevölkerung und zur kritischen Reflexion kultureller Verflechtungen zwischen Bahia und Deutschland beitragen kann.
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Veranstalter: Weltladen Marburg, Kulturelle Aktion Marburg – Strömungen e.V.
Die Kulturelle Aktion Marburg – Strömungen e.V. wird vom Land Hessen über LAKS Hessen gefördert.